Während der Budgetdebatte stand die GLP-Fraktion geschlossen hinter der bürgerlichen Mehrheit und wurde deshalb auch harsch kritisiert.
Bei uns zählt Nachhaltigkeit eben nicht nur in Umweltfragen, sondern auch in der Finanzpolitik.
Aber die finanzielle Situation des Kantons wurde als sehr positiv beurteilt. War es da wirklich nötig ein Sparbudget zu beschliessen?
Von einem Sparbudget kann keine Rede sein. Wir haben einfach nicht alle Begehrlichkeiten erfüllt und die Neuverschuldung auf 500 Mio. beschränkt. Die linke Argumentation geht immer in die folgende Richtung: Wir wollen 1 Mia, das Parlament bewilligt 500 Mio., also hat man 500 Mio. gespart.
Trotzdem, man rechnet mit Überschüssen, wäre es da nicht angezeigt gewesen, angesichts des Investitionsstaus eine höhere Verschuldung einzugehen?
Es war meine 3. Budgetdebatte im Grossen Rat. Zuvor hatte ich 8 Budgetdebatten in der Stadt Biel miterlebt. In Biel lief es genau umgekehrt. Da wurde alles bewilligt und es wurden ständig neue Stellen geschaffen. Das hatte Konsequenzen: Die Stadt Biel geht gegen eine Milliarde Schulden. Der Kanton konnte seine astronomischen Schulden von 10 Mia auf 6 Mia senken. Biel hat kein Eigenkapital mehr, der Kanton Bern kann die Hälfte seiner Investitionen selber bezahlen, Biel muss die Steuern erhöhen, der Kanton kann sie senken. Aber diese Effortleistung ist nicht gratis, wir werden wahlweise als Sparhysteriker, Sozialabbauer oder, wie in dieser Debatte, sogar als Fall für den Psychiater bezeichnet. Und noch etwas: Der Kanton Bern konnte seine jährliche Schuldentilgung von 300 Mio. Fr. auf 59 Mio. Fr. senken.
Der Entscheid, die «Lädere nicht nach Burgdorf zu zügeln, obwohl man es mehrfach zugesagt hatte, war aber doch schon grenzwertig.
Die GLP hat sich immer gegenüber diesem Umzug kritisch gezeigt. Es war ein regionaler Kuhhandel und von Anfang an ein Fehlentscheid. Deswegen wurde er der Priorisierung geopfert. Ich muss dabei das vorbildliche und mutige Votum unseres Fraktionschefs, Michael Ritter, frischgewählter Gemeinderat in Burgdorf würdigen. Er hat trotz massivem Druck dem Entscheid, auf diesen Umzug zu verzichten, zugestimmt.
Auch das Justizgebäude in Reconvillier ist jetzt beerdigt!
Genau, es wurde auf zehn Jahre nach hinten verschoben. Daraufhin hat die «Députation» verlangt, dass man auf diesen Neubau verzichtet und eine andere, schnellere Lösung in der Region suchen solle. Wir hatten damals diesen viel zu teuren Bau abgelehnt und als Alternative «Tavannes Machines» vorgeschlagen. Das wäre 40 Mio. Fr. billiger gekommen. Das Journal du Jura hatte Casimir von , den Präsidenten der Baukommission und mich in einem unterirdischen Hasskommentar als «Totengräber» des Berner Juras bezeichnet. Heute wird wohl – man höre und staune - unser einstiger Vorschlag realisiert.
Und beim Berner Tram, da gab es ja auch starke Kritik.
Es gab schlicht keine überzeugenden Argumente für das Tram, ausser dass es sündhaft teuer gewesen wäre.
Aber die Berner Bevölkerung hat diesem Projekt in einer Volksabstimmung klar zugestimmt.
Die Redewendung besagt: «Wer zahlt, befiehlt». In diesem Fall müsste man eher sagen: «Wer befiehlt, zahlt». Mit anderen Worten Bern dieses Tram will, soll es dieses auch bezahlen. Eine günstigere elektrische Buslinie reicht vollkommen.
Das waren drei sehr unpopuläre Entscheide.
Für Politiker ist es immer einfacher, ein Museum zu eröffnen, als eines zu schliessen. Mit diesen drei Entscheiden – Lädere, Reconvillier und Tram - hat sich der Grossrat von der verhängnisvollen und teuren Regionalpolitik abgewandt und wieder sachliche Argumente berücksichtigt. Das hilft allen. Und mit Kritik muss man umgehen können.
Also keine zu grosse Vorsicht?
Auf keinen Fall, wenn man sieht, was in den kommenden Jahren allein in der Bildung und bei den Spitälern auf uns zukommt, werden uns die Kantonsbürger noch dankbar sein, dass wir uns einen finanziellen Freiraum erkämpft haben. Begehrlichkeiten sind unendlich, die Ressourcen knapp. Die Priorisierung der Ausgaben – ich betone es waren keine Sparmassnahmen – ist völlig richtig und verdient Anerkennung. Wenn ich all die Begehrlichkeiten der Linken in diesem Parlament zusammenzähle, wären wir längstens wieder auf einem exorbitanten Verschuldungskurs.
Hab ihr also alle bürgerlichen Sparvorschläge mitgetragen?
Noch einmal: Es waren keine Sparvorschläge, sondern eine Ablehnung eines Teils der Mehrausgaben. In den letzten Jahren hat der Kanton Bern allein in der Volksschule pro Schüler 30% mehr Geld investiert. Und nein, bei Stellenschaffungen haben wir die Linke teilweise unterstützt und auch die Erhöhung der Studiengebühren haben wir abgelehnt.
Aber die Steuersenkungen habt ihr befürwortet?
Ja, und ich finde es extrem störend, dass die Linke immer von Steuergeschenken spricht. Man nimmt den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Hochsteuerkanton einfach etwas weniger Geld weg. Hier dem unteren und mittleren Mittelstand. Es gibt im Kanton offensichtlich mehr Unternehmer, aufstiegsorientierte und talentierte junge Menschen, die gerne einen kleinen Teil ihres sauer verdienten Geldes behalten wollen, als in den Städten Bern und Biel. Ein Steuerparadies wird der Kanton Bern allerdings nie.